Donnerstag, 2. Dezember 2010

Les jours et les plaisirs

Die Freude des Lesens, das Wohlgefühl und die Sicherheit, die es verschafft, werden vielleicht nirgends deutlicher als in der kaum zwei Seiten langen Erzählung Continuidad de los parques, der ersten in Julio Cortázars Band Final del juego. Jemand, so wird erzählt – sein Name bleibt ungenannt -, findet Gefallen an einem Roman, er muß die Lektüre aber zunächst wegen negocios urgentes zurückstellen. Dann aber am Abend, in seinem sillón favorito, überläßt er sich ganz dem erzählten Geschehen. Offenbar ist es ein Roman mit kriminalistischen Einschlag, ein Mensch mit einem puñal, einem Dolch, tritt auf, und irgendwann sieht es so aus, als habe er den vorgesehenen Rahmen der Geschichte verlassen und nähere sich in gefährlicher Weise dem Lesenden an, schon sieht er durch eine Tür la cabeza del hombre en el sillón leyendo su novela. Aber was kann dem Lesenden geschehen, im Nu kann er das Buch schließen, und der Messerheld ist hilflos und bewegungsunfähig eingeklemmt zwischen den Buchdeckeln oder doch von seiner Atemluft abgeschnitten. Und was gar könnte uns geschehen, die wir in unserem Lieblingssessel sitzen und die Geschichte lesen von dem Mann, der in seinem bevorzugten Lesesessel sitzt und die Geschichte vom Messerhelden liest. Daß der Meuchler mit seinem gezückten Dolch auch uns erreichen könnte, müssen wir in keiner Weise fürchten, für eine derartige Verkettung von unglücklichen Zufällen reicht die Zeit einer in gewöhnlicher Weise ablaufenden Ewigkeit bei weitem nicht hin. Sicherer als in unserem Lesesessel können wir unseres Lebens gar nicht sein.