Mittwoch, 22. August 2012

Plowdiw

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Stadt in Bulgarien am Fluß Mariza gelegen. Die zweitgrößte städtische Ansiedlung des Landes, 130 000 Einwohner, Zentrum des Plowdiwer Bezirks. Wichtiger Eisenbahnknotenpunkt. Wichtiges Industriezentrum: Maschinenbau, Kraftfahrzeuginstandsetzung und Gerätebau. Hochschulen, ein reichhaltiges Museum, Bibliothek, Volkstheater. Die erste Besiedlung fällt in die Zeit der Thraker, später Teil des mazedonischen Reiches. 1360 von den Türken eingenommen. Der Name Plowdiw begegnet zum ersten Mal im 17. Jahrhundert. 1885 wurde in Plowdiw die Vereinigung von Nord und Südbulgarien verkündet.
 
Gleich wird die Queen im Rahmen ihres Staatsbesuches in einer geräumigen Wolga-Limousine vom linken Bildrand her in den geräumigen Boulevard einfahren, um dann nach links in die innerstädtische Baumallee einzubiegen. Sicherheitsbeamte wechseln schnell noch einmal die Straßenseite. Am Ende der Allee wird die Queen wieder nach links abbiegen und dann, nicht sichtbar für uns, nach rechts auf das große Rathausgebäude zuhalten, vor dem der Bürgermeister zum Empfang schon bereitsteht. Die Kinderscharen schwenken probeweise ihre Fähnchen und Blumenkränze. Oder sind wir im Irrtum, erklärt sich die Stille dadurch, daß es hier einer beherzten Bürgerschaft gelungen ist, ihre schöne, unter dem Bergkegel gelegene Stadt vor dem Grauen des Kraftfahrzeugverkehrs zu bewahren. Die Bäumchen werfen Schatten, die Sonne scheint, aber nicht zu heftig, es läßt sich angenehm promenieren. Die Frauen sind ohne Frage sehr schön, sehen können wir sie allerdings nicht.

Dienstag, 21. August 2012

Sofija

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Hauptstadt der Volksrepublik Bulgarien. Das wichtigste wirtschaftliche, politische und kulturelle Zentrum des Landes. Administratives Zentrum des Sofioter Kreises. Gelegen im westlichen Teil des Landes in einem Kessel im Westen des Flusses Iskar, einem Nebenfluß der Donau. 644 000 Einwohner. Im 6. bis 5. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung war das Gebiet Sofija von den Thrakern bewohnt. Im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung wurde die römische Stadt Serdika gegründet. 1877 befreite die russische Armee Sofija mit dem gesamten bulgarischen Gebiet vom Joch der Türken.
 
 
Auch manch Vielgereister hat noch nicht die bulgarische Hauptstadt besucht, ein Fehler, wie unschwer zu erkennen ist, weist sie doch einen Volksversammlungsplatz auf, der seinen Namen wirklich verdient. Eine dunkle Limousine ist mit einem hohen Funktionär unterwegs in eiligen Angelegenheiten im Auftrag und zum Wohl der Arbeiter- und Bauernschaft. Bald schon wird er den Platz überquert und unversehrt den Peschechoden zurückgegeben haben, das Pferdewägelchen auf der anderen Straßenseite ist ohnehin keine Störung. Noch ist die Zahl der Versammlungswilligen gering, bald aber werden sie wieder zahlreich zusammengefunden haben, geleitet vom Wunsch, ihr schönes Leben zu bejubeln. Ein schönes Leben macht die Menschen schön, die Sofioterinnen belegen es auf das eindrücklichste. Schade, daß nicht zu erkennen ist, welche Heldentaten im einzelnen auf den beiden hohen Tafeln festgehalten sind. Bei schlechtem Wetter vermag der großzügige Kuppelbau die Jubelnden aufzunehmen.

Donnerstag, 16. August 2012

Rjasanj

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Zentrum der Rjasaner Oblast, am rechten Ufer der Oka gelegen (2 km vom Fluß entfernt), an der Einmündung des Trubesch in die Oka. Bedeutende Anlegestelle an der Oka. Eisenbahnknotenpunkt der Linien nach Moskau, Wladimir, Rusajewska, Rjaschsk. 50 900 Einwohner. Die Stadt ist in drei Rajons geteilt. Staraja Rjasanj wird erstmalig in einer Chronik aus dem Jahre 1069 erwähnt.
 
 
 
Der Name keiner Stadt führt so schnell und tief in das Herz Rußlands wie der Name der Stadt Rjasanj. Man spricht sich leise das Wort vor und hat sogleich den Knäs vor Augen, seine langbärtigen Bojaren, die wunderschönen Bojarinnen in ihren langen schweren, pelzgesäumten Gewändern, die Kuppeln des Kreml. Allerdings liegt das alte Rjasanj, Staraja Rjasanj, heute nur noch eine kleine Ansiedlung, von der modernen Großstadt rund fünfzig Kilometer entfernt die Oka flußabwärts. Die neue Stadt ist hell und weitläufig, großzügige Parkanlagen erlauben einsame Spaziergänge. Schöne Frauen, in hellen oder dunklen Kleidern, lustwandeln, den Durstigen werden an zierlichen Kiosken Kwas und andere erfrischende Getränke angeboten. Über dem Leninplatz schwebt naturgemäß Lenin. Wie soll man sich entscheiden zwischen den Zeiten.

Wologda

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Zentrum der Wologdiner Oblast der RSFSR. Eisenbahnknotenpunkt für vier Strecken und Anlegestelle für die Dampfschiffahrt am Fluß Wologda (32 Kilometer vor der Einmündung in die Suchona), über gute Straßen mit Archangelsk und dem oberen Wolgagebiet verbunden. 95 200 Einwohner. W. ist ein wichtiges Wirtschaftszentrum für den Norden der UdSSR. W. wird zum ersten Mal in einer Chronik aus dem Jahre 1147 erwähnt.
 
 
Wologda ist ein einziges Sumpfloch, dessen Straßen und Wege aus umgelegten Baumstämmen bestehen. Die Häuser, auch die aus Brettern zusammengezimmerten buntbemalten Paläste des Provinzadels, stehen auf Pfählen mitten im Morast. Alles ringsum versinkt, verfault und verrottet. Es gibt nur zwei Jahreszeiten, einen weißen und einen grünen Winter. Neun Monate lang fährt die Eisluft vom Nordmeer herunter. Das Thermometer sinkt auf unvorstellbare Tiefen. Man ist umgeben von einer endlosen Finsternis. Während des grünen Winters regnet es ohne Unterlaß. Der Schlamm dringt in die Türen hinein. Die Leichenstarre geht über in einen grauenhaften Marasmus. Im weißen Winter ist alles tot, man ist umgeben von einer endlosen Finsternis, im grünen Winter alles am Sterben. – Auch wenn dieses Stimmungsbild aus dem zaristischen Rußland übertriebene Züge aufweisen mag, sind die zwischenzeitlichen Sanierungserfolge unverkennbar. Wo Morast war ist Pflaster, wo Holz war ist Stein. Um die buntbemalten Paläste mag es einem für einen Augenblick Leid sein, was aber wirklich besorgt stimmt, ist das Fehlen jeglicher Belebtheit. Weder vor dem Gebäude des Stadtsowjets noch bei der Brotfabrik noch auch in dem neuen Wohnviertel ist auch nur ein einziger Mensch zu sehen. Sollte man beim Umbau der Stadt allzu gründlich vorgegangen sein?

Mittwoch, 15. August 2012

Pensa

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Zentrum der Oblast Pensa der RSFSR. An beiden Ufern der Sura gelegen (rechter Nebenfluß der Wolga). Großer Eisenbahnknotenpunkt der Linien Rusajewka - Balaschow und Rjasan - Syrsan. 157 200 Einwohner. Die Stadt hat 4 Rajons. Gegründet im Jahre 1666 als ein militärisch-administratives Zentrum des Wolgagebietes. 3 Hochschulen und 30 Bibliotheken.
 
 
Wer möchte nicht studieren oder forschen an diesem den stillen Frieden der Wissenschaft atmenden Institut in Pensa. Leider ist die Auflösung der Photographie nicht hoch genug um zu entscheiden, ob es sich bei einer der auf uns zukommenden oder sich von uns entfernenden Gestalten um den Kandidaten der chemischen Wissenschaften Wetschinkewitsch handelt. Wetschinkewitsch wurde bekanntlich in Pensa verhaftet in Zusammenhang mit den Verheerungen, die eine Schar von Teufeln oder, wie andere meinen, eine Gruppe außergewöhnlich begabter Zauberkünstler unter der Leitung eines gewissen Woland in Moskau angerichtet hatten. Wieso ein Verdacht auf Wetschinkewitsch fiel, konnte später nie geklärt werden. Von ihm ist nur bekannt, daß er von einem weit über das Mittelnaß hinausgehenden Wuchs war, mit dunkler Hautfarbe und brünettem Haar. Die Beschreibung könnte auf den Herrn ganz vorn in Begleitung der wunderschönen Dame zutreffen.

Bylo jeschtsche mnogoje, wsego nje wspomnischj.

Dienstag, 14. August 2012

Biarritz

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Hafenstadt und bedeutender Kurort in Südfrankreich, am Ufer des Golfes von Gascogne am Atlantischen Ozean. 22.000 Einwohner. Mittlere Jahrestemperatur +13,5°. Bademöglichkeiten im Meer. Angezeigt für die Heilung von: Skrofulose, Rachitis, Anämie, Neurasthenie.
 
Ein stiller selbstgenügsamer Ort, die Silhouette des Horizonts mit den scharf vom Himmel sich abhebenden Gebäuden erinnert an Ruisdaels Blick auf Haarlem. Was uns aber mehr beschäftigt, ist die seltsame Ansammlung von Gestalten am Ufer und im flachen Wasser. Zunächst möchte man meinen, Erwachsene schauten einigen vorsichtig im Wasser spielenden Kindern zu. Vielleicht auch sind die Kinder mit einer rätselhaften Aufgabe betraut. Oder sollte es sich bei den kleineren Gestalten mit den Füßen in der See vielmehr um Vögel handeln, hat etwa das schöne junge Mädchen Miarritze erneut den Eisvogel mit dem Gold als Zeichen der Verheißung im Schnabel gerufen und kann den nach wie vor bedürftig dreinschauenden Biarrins neue Hoffnung machen?

Samstag, 11. August 2012

Beslan

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Stadt und Zentrum des Prawobereschnyj Rajon der Nordossetischen ASSR. Eisenbahnstation. Durch eine Straße mit Dzaudzikau verbunden. In der Sowjetzeit wurde in B. das größte Stärke- und Melassekombinat Europas gebaut und gleichzeitig das erste, das Melasse und Stärke aus Mais herstellt; es liefert auch Glukose u.a. Bei dem Kombinat entstand eine vorbildliche Arbeitersiedlung mit großen Steinhäusern, Kultur- und Bildungseinrichtungen (eine Zehnklassenschule, ein Arbeiterklubhaus u.a.)
Beslan ist ein schönes Exempel dafür, wie die in geordnete gesellschaftliche Bahnen gebrachte, ihre eigenen gewaltigen Maßstäbe immer wieder übertreffende Produktivkräfte unverzüglich ihre dem Menschen segensreiche Wirkung entfalten. Die Nennung einer Einwohnerzahl entfällt für Beslan aus gutem Grund, da der dynamische Aufschwung jede genannte Zahl im gleichen Augenblick auch schon wieder fortgewischt hätte. Kraftvoll weht der Rauch über dem Kombinat und die klare helle Luft des späten Nachmittags erfrischt die Siedlung. Die Kantinenleiterin des Melassekombinats ist auf dem Heimweg in Begleitung ihres Liebsten, der offenbar bei den bewaffneten Kräften dient. Auf die beiden wartet zuhaus ein einfaches und gutes Abendmahl, bei dem ein Schoppen Wein, vielleicht ein Mtsvane, keineswegs fehlen muß. Am Abend dann sieht man im Klubhaus einen der schönen Filme von Tarkowski oder nimmt Teil an einer Diskussionsrunde zu einem Thema, das allen auf den Nägeln brennt. Niemand kann verstehen, warum Jahre später ein so schreckliches Unheil über die Stadt niedergehen mußte.