Donnerstag, 10. April 2014

Der Leichtsinn des Künstlers


Anläßlich einer Ausstellung anno 1910 hatte Hans-Gerd Herder von der leichtsinnigen Malerei Holger Conrads gesprochen, bei der Ausstellung jetzt stellt er den reflektierten, klar gesteuerten Gestaltungsprozeß heraus. Sollte das einen Reifevorgang weg vom Unbedachten und hin zum Be- und Durchdachten beschreiben, könnte es dem leid tun, der an dem ursprünglich unterstellten leichten Sinn, vielleicht ohne sich allzu viel dabei zu denken, besonderes Gefallen gefunden hatte. Angenehme Vorstellungen vom Leben als Taugenichts und von Mozart, von Pastorale und Primavera lassen sich damit verbinden. Sollte Leichtsinn vielleicht gar, so fragt er aufmüpfig, eine unverzichtbare Ingredienz aller Kunstausübung sein? Dann allerdings müßte Leichtsinn in der Kunst mit als eher gegensätzlich empfundenen Zügen wie bewußter Steuerung oder Schwermut oder Zorn und anderen, ihrerseits nicht ohne weiteres verträglich untereinander, durchaus eine Einheit eingehen können.

Vor nicht allzu langer Zeit noch waren Künstler Getriebene ihrer Inspiration, inzwischen sind aus den Dichtern Schriftsteller geworden und wohl nur aufgrund einer gewissen Unaufmerksamkeit durften die Maler bislang Maler bleiben und wurden von den Ausstellungsmachern nicht, entsprechend den Filmemachern und den Liedermachern, zu Bildermachen umfirmiert. Die Umbenennungen liegen auf der Linie des aggressiv vertretenen Lehrsatzes der Moderne, sie sei der Amboß und wir selbst in jeder Hinsicht unseres Glückes Schmied. Mit Hammerschlägen allein aber ist es nicht getan. Jeder, der sich mit einem Künstler, sei es einem der Worte und Sätze, sei es einem der Farben und Formen, intensiv beschäftigt, wird über kurz oder lang am reinen Konzept des Machens zweifeln. Er wird in den Texten und Bildern Spuren einer gewissen Entmündigung feststellen. Der Künstler wird unter der Arbeit, zur eigenen Verwunderung, kann man annehmen, ein anderer, der durchaus, wenn er die Feder oder den Pinsel aus der Hand legt, in seine alte Haut zurückkehren kann. Vielleicht ist es daher richtiger zu sagen, in ihm nistet sich ein Zweiter ein, den er in gewissen Graden gewähren lassen muß. Verstörung angesichts dieser ungewollten Doppelexistenz läßt sich heilen als leichtgesinnte Offenheit für die Ansichten des Gastes. Das, was wider den Willen und gegen die Absicht des Künstlers geschieht, mag in Wahrheit der Feingehalt der Kunst sein. Der leichte Sinn ist in Holger Conrads Bildern auf den ersten Blick spürbar. Hans-Gerd Herder wird in seiner Einführungsrede genau dies im Sinn gehabt haben, so daß die Worte hier nur eine überflüssige Schleife binden.

Keine Kommentare: