Montag, 12. Januar 2009

Abstieg ins Tal

Die Schneeschmelze war nicht länger zu übersehen oder zu leugnen, die verbliebenen weißen Felder und Placken wurden zusehends kleiner und verliefen, Wasserbäche stürzten über den Weg, und Geröll kam immer leichter in Bewegung. Ob ich nun zu Fuß unterwegs war oder auch im Jeep, angesichts der sich rapide verschlechternden Wegeverhältnisse war nicht zu spaßen, es galt vielmehr, sich zu sputen und auf dem Weg ins Tal und Aufenthalte und Verzögerungen zu vermeiden. Auf der Höhe des Berghofs konnte ich dann aber doch nicht umhin anzuhalten. Also hatte man tatsächlich begonnen, die Renovierungs- und Umbauabsichten, von denen ich gerüchteweise gehört hatte, in die Tat umzusetzen. Das kleinere Nebengebäude war schon gar nicht wiederzuerkennen, und es war auch nicht klar, ob es in völlig neuem Stil wieder erbaut oder aber gänzlich abgetragen werden sollte. Auch im Hauptgebäude klaffte eine große, mit einer Plane abgespannte Lücke. Jetzt trat der Hausherr, gerade erst von seiner Lohnarbeit im Tal zurück, vor die Tür und nahm Platz auf der Bank. Das Leben ging also unter diesen widrigen Umständen weiter, und sogar Augenblicke der Behaglichkeit blieben möglich. Die weibliche Gestalt allerdings, wenn es denn die Frau und nicht Mutter des Hausherrn war, zeigt deutliche Spuren der Verbrauchtheit und des harten Lebens am Hang. Margrit und die anderen waren mir verabredungsgemäß entgegengekommen aus dem Tal und hatten jetzt schon diese Höhe erreicht und waren am Berghof eingetroffen: deutlich zu viel Zeit hatte ich schon vergeudet. Auf keinen Fall konnten wir also noch fragen, ob denn der Gastbetrieb aufrechterhalten blieb, und eine Jause gereicht werden könne. Vielleicht hätte man das ohnehin als rücksichtslos angesehen und andererseits, vielleicht warteten sie nur darauf. Der angesagt Orkansturm war, soweit die gute Nachricht, bislang noch ausgeblieben.

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