Samstag, 6. Dezember 2008

Terre des Hommes

Erst neulich hatte ich einen Traum, dessen Eigentümlichkeit darin bestand, daß er, wenn auch auf eine zunehmend befremdliche Art, behaglich stimmte und den Charakter des Albtraums erst nach dem Erwachen vollends offenbarte. Mit Freunden hielten wir uns zur Erholung in einem bayerischen oder österreichischen Feriengebiet auf, und aus einer kleinen Mißstimmigkeit heraus oblag es mir, einen Rucksack zurück ins Hotel zu tragen. Damit war ich naturgemäß auf einem dieser langen Wege, die nie zum Ziel und Ende führen. Das Hotel war nicht zu finden, und dann fehlte der Zimmerschlüssel oder besser, der Schlüssel zu unserem Ferienbungalow, denn unversehens und gleichsam im Rücken des Geschehens hatte sich die Berglandschaft, soweit das Auge reichte, in ein riesigen und großzügig ausgestattetes, von einer gläsernen Kuppel überdachtes und zum Horizont hin es abschließendes Erlebnis- und Wellnessressort verwandelt. Überall animierende Trachtengruppen und Eventvorrichtungen, in der Hauptsache aber allenthalben Feriengäste, die, dabei bestenfalls die kürzesten und stumpfsten Worte wechselnd, pausenlos beschäftigt waren, sogenannte lukullische Glanzlichter in sich hineinzustopfen. Am Hosenbein hing mir nun schon sahnemariniertes Krebsfleisch, denn schließlich hatte ich mir keinen anderen Weg mehr zu bahnen gewußt als den mitten durch das sahnemarinierte Krebs- und Garnelenfleisch, die Lobster und die Langusten hindurch. Unsere Gruppe hatte sich, wenn wohl auch in veränderter Zusammensetzung, inzwischen wieder vereint, und in unserem Schrecken erkundigten wir uns nach dem Weg zur Dachterrasse, auf der wir Frieden zu finden hofften. Als wir aber die gewiesene Tür nach draußen aufstießen, ging es uns nicht anders als Chaplin, als er am Morgen die Tür seines über Nacht verrückten Blockhauses öffnete, und wir schauten auf ein verödetes und vom Leben entvölkertes Land wie in einen Abgrund.

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