Eins von vielen Beispielen, ausgewählt nach dem Zufallsprinzip: Nihgthawks (1942) verbildlicht das gebrochene Verhältnis des Menschen mit seiner Umgebung: Am Rande einer menschenleeren Straße entsteht die einzige Helligkeit durch das künstliche Licht einer Eckbar. Die klaren trennenden Linien und starken Farben rufen den Eindruck von entfremdeten Individuen in einer lebensfeindlichen Stadt hervor. – Seitdem das Wort von der Entfremdung in der Welt kam, ist eine nicht geringe Fraktion der Menschheit damit beschäftigt, es wahllos nach allen Seiten auszuschütten, mit allem Vorzug aber auf das Werk des amerikanischen Malers Edward Hopper. Hopper erfaßt seine Figuren nicht in Augenblicken hitzigen Wortwechsels oder übermütiger Luftsprünge, aber wem oder wovon entfremdet sie das? Der katalanische Prosagroßmeister Josep Pla hat den Anspruch auf das Taedium Vitae, das keine Koexistenz mit Bocksprung und Wortschwall kennt, als eines der zentralsten Menschenrechte re

Philippe Besson ist es daher unbedingt zugute zu halten, wenn er aus dem Hopperbild, ohne sich irgend um Entfremdung zu kümmern, eine muntere Geschichte löst, um sie uns zu erzählen, die Geschichte von Louise, Stephen, Norman und Ben. Aber eigentlich brauchen wir sie nicht, diese Geschichte, denn es kann ja kein Zweifel sein, wer die rothaarige Frau und ihr Begleiter in Wirklichkeit sind: Linda Loring und ihr Ehemann, Philip Marlowe. Sie haben den Abend im El Paradiso verbracht, einem Etablissement in der Hand mafiöser Gestalten, halb Recherche, halb waren sie nur froh miteinander. Jetzt sitzen sie im Phillies und trinken noch eine Tasse Kaffee. Ihre Anwesenheit stört ihn nicht, beflügelt ihn vielmehr beim Nachsinnen und Kaffeesatzlesen, sie ist nicht im geringsten belästigt vom Schweigen.
In diesem Bild hat Hopper eine bestimmte Schicht der Chandlerspiritualität freigelegt und in eine andere Ausdrucksform zu transponiert, nicht weniger genial als Howard Hawks das mit seiner Verfilmung des Big Sleep getan hat. Hawks kümmert sich um das Tempo der Aktion und der Dialoge, Hopper um den Marlowe, der sich gern in die Position des einsamen Schachspielers begibt, und dessen Blick dann vorbeigleitet an den Chessmen hin zu dem verborgenen Geheimnis, das er zu einem nicht geringen Teil zutage fördern wird. Die Chessmen stellt er als verheirateter Mann jetzt aber wohl nur noch selten auf. Chandler hat von dem Roman über den verheirateten Marlowe nur wenige Seiten hinterlassen, aber jeder kann ihn zuende schreiben, der die Worte hat und es versteht, sich in Hoppers Bild zu vertiefen. Robert Parker hat es getan in einer Weise, die alle Achtung verdient, daß er sich dabei auf Hopper gestützt hätte, ist allerdings nicht verbürgt.
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